„Eine gute Berufsausbildung qualifiziert junge Menschen für die digitale Arbeitswelt, wendet moderne Lehr- und Lernmethoden an und bietet hochwertige Ausbildungsbedingungen. Eine Arbeitswelt 4.0 braucht eine Ausbildung 4.0. Ausbildungsbetriebe und berufliche Schulen müssen dazu gleichermaßen beitragen“, so der Ausbildungsreport 2020 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Energieunternehmen nehmen den Wandel in der Ausbildung und auf dem Ausbildungsmarkt war. Digitale Kompetenzen sind für eine qualitativ hochwertige und attraktive Ausbildung inzwischen unerlässlich. Lerninhalte- und Methoden werden an die neuen Anforderungen der Auszubildenden angepasst. Ziel ist es, Schulabgänger in allen Berufen der Energiewirtschaft bestmöglich auf die neue Arbeitswelt 4.0 vorzubereiten und dabei digitale Experten zu fördern.
So wurde im Ausbildungsreport 2019 mitgeteilt, dass sich nur jeder zweite Auszubildende in Deutschland auf die Digitalisierung gut vorbereitet sieht. Durch die Corona-Pandemie konnte der Wandel sicherlich beschleunigt werden. Trotzdem arbeiten Energieunternehmen wie die Bayernwerk Netz seit Jahren an neuen Formaten. Bayerns größter Verteilnetzbetreiber Bayernwerk hat seit 2020 den Beruf Kauffrau/-mann für Digitalisierungsmanagement im Ausbildungsprogramm. Voraussetzung ist ein Realschulabschluss und die Bewerber sollten sich für IT interessieren. Die Ausbildungsdauer beträgt zwischen zweieinhalb bis drei Jahre. Mit ihrem Einsatz sorgen die zukünftigen Digitalisierungsmanager dafür, dass Arbeitsprozesse effizienter sowie digitaler gestaltet und neueste IT-Trends in den Arbeitsalltag integriert werden. „Das ist nicht nur ein spannender Ausbildungsberuf mit Zukunft, sondern wir begegnen damit im Unternehmen der wachsenden Herausforderung, dass wir uns erfolgreich der zunehmenden Digitalisierung stellen“, erklärt Recruiterin Jennifer Rieger. Aktuell sind zwei offene Stellen zur Bewerbung frei.
Beispiele für neue Formen der Ausbildung
Zahlreiche weitere Energieunternehmen verfügen zudem über ein digitales Ausbildungsmanagementsystem. Bei der enviaM-Gruppe können Ausbilder und Auszubildende jederzeit darauf zugreifen. Hier sind alle wichtigen Informationen einfach und bequem online abrufbar. Ergänzt wird es durch einen Online-Campus. Hinter ihm verbergen sich ein Wissensspeicher und eine Lernplattform für alle Lehrberufe und Studiengänge. Berichtshefte werden von den Auszubildenden bereits elektronisch geführt. Die Berufsschulen werden dabei miteinbezogen. Seminare finden auch als Online-Veranstaltungen statt und werden von den Auszubildenden mitgestaltet.
Das Lernen erfolgt vernetzt in digitalen Klassenzimmern multimedial mit Hilfe von Videos, Podcasts und Lernspielen. Dies macht das Lernen anschaulicher und attraktiver. Auch die Kommunikation zwischen Ausbildern und Auszubildenden erfolgt verstärkt über Chats und Videokonferenzen wie Skype. Auszubildende müssen so nicht an die Ausbildungsstandorte kommen, wenn sie mit ihren Ausbildern sprechen wollen. Vorstellungsgespräche werden inzwischen ebenso per Videokonferenz durchgeführt.
Virtualität in technisch-gewerblichen Berufen nimmt zu
Ein weiterer Trend ist das Thema Virtualität in der Ausbildung. Auszubildende in technisch-gewerblichen Berufen üben Schweißen, Kabelmontagen und Schalthandlungen in Umspannwerken virtuell. Neben Virtual Reality- werden dabei auch Augmented-Reality-Anwendungen eingesetzt. Hier werden digitale Informationen, wie zum Beispiel Werkstücke, auf einem am Schutzhelm befestigten kleinen Bildschirm angezeigt. Während bei Virtual Reality die reale Welt vollständig ausgeblendet wird, damit der Auszubildende in die virtuelle Welt eintauchen kann, bleibt die reale Welt bei Augmented Reality erhalten und wird um virtuelle Elemente ergänzt. Dies ermöglicht sehr früh und ressourcenschonend ein praxisnahes Lernen ohne Fehlerängste, bei dem die Auszubildenden individuell und passgenau auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet werden. Hinzu kommen Projekteinsätze in Unternehmensbereichen, in denen digitale Technologien erprobt werden. Ein Beispiel sind Drohnenflüge zur Inspektion von Hochspannungsleitungen.
„Wir müssen unkonventionelle Wege gehen, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen.“
Die neue Ausrichtung auf die junge Generation soll Interesse bei den jungen Menschen wecken. Denn egal, ob Energieversorgung, Nah- und Fernverkehr, Küchengerätehersteller oder Automobilindustrie – unzählige Branchen suchen Fachkräfte in elektrotechnischen Berufen. Die Konkurrenz unter den Unternehmen ist inzwischen groß.
„So geht die Süwag bereits seit einigen Jahren unkonventionelle Wege, um Mitarbeiter zu finden“, erklärte Anja Wolf, Referentin im Personalmarketing der Süwag. Vor zwei Jahren starteten Wolf und ihre Kollegen eine Kampagne, um gezielt Aktive von Freiwilligen Feuerwehren anzusprechen. „Wir hatten festgestellt, dass sich viele unserer Auszubildenden und Elektroniker dort engagierten“, so Wolf.
Aktuell laufen zwei Kampagnen, um neue Auszubildende und Elektroniker mit Berufserfahrung zu finden. „Energiebündel“ und die „Tüftler-Kampagne“ basieren auf dem gleichen Prinzip: Interessierte sollen sich möglichst einfach bewerben können. „Wir verzichten beispielsweise völlig auf das Anschreiben – sowohl bei Ausbildungsplätzen als auch bei Bewerbungen auf qualifizierte Stellen. Darauf liegt auch nicht unser Fokus“, sagte Wolf. Viel wichtiger sei der Mensch hinter den Unterlagen. Ausgelernte Monteure müssten zudem nur noch drei Fragen beantworten und schon startet der Bewerbungsprozess. Damit wolle die Süwag auch diejenigen erreichen, die bis dato noch gar nicht an einen Stellenwechsel gedacht hätten.
Die LEW geht noch einen Schritt weiter und wirbt mit zusätzlichen finanziellen Anreize um Berufsanfänger: Zum Ausbildungsstart bezahlt sie allen neuen Azubis ihren Führerschein der Klasse B und BF17 (begleitetes Fahren). Interessenten können die Führerscheinprüfung bis zum Ende der Ausbildung ablegen, frühestens jedoch nach Ausbildungsbeginn.
Ausbildungsbündnisse fördern die Heimatverbundenheit
Auch Ausbildungsbündnisse liefern inzwischen einen wichtigen Beitrag für eine attraktive und zukunftsfähige Wirtschaftsstruktur in bestimmten Regionen und fördern die Heimatverbundenheit der jungen Generation. So haben sich die Energieunternehmen E.DIS, enviaM und LEAG für eine Zusammenarbeit bei der industriellen Aus- und Weiterbildung in der Lausitz ausgesprochen. Ziel ist es, den notwendigen Bedarf an Fachkräften gemeinsam in der Lausitz und für die Lausitz zu sichern. Auf diese Weise wollen die drei Partner einen wichtigen Beitrag zur Stärkung und zum Erhalt des Industrie- und Energiestandortes leisten. Bei der beruflichen Erstausbildung junger Menschen soll die vorhandene Ausbildungsinfrastruktur künftig gemeinsam genutzt werden. E.DIS verfügt in Brandenburg an der Havel, enviaM in Falkenberg/Elster und LEAG in Jänschwalde und Schwarze Pumpe über eigene Ausbildungsstätten in Brandenburg, die für die anderen Unternehmen geöffnet werden. Im ersten Schritt gibt es im Ausbildungsjahr 2021/2022 eine gemeinsame Ausbildungsklasse für angehende Mechatroniker am Ausbildungsstandort Jänschwalde der LEAG. Das Bündnis ist ausdrücklich offen für weitere Partner.

Generationenvertrag für den Klimaschutz
