Die Verschärfung des Klimagesetzes von Mitte Mai mit deutlich ambitionierteren Zielen für 2030 und Net Zero bereits in 2045 macht einen noch schnelleren und größeren Umbau der Energieversorgung erforderlich: Schneller mehr erneuerbarer Strom, schneller mehr Elektrofahrzeuge und klimaneutrale Wärme. Das heißt: Die nächsten 10 Jahre werden besonders entscheidend für den Klimaschutz!
Eine leistungsfähige Netzinfrastruktur ist essentielle Voraussetzung dafür, weitere Millionen von dezentralen erneuerbaren Erzeugungsanlagen und neuen klimafreundlichen Verbrauchern, wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen, sicher und störungsfrei in das Energieversorgungssystem integrieren zu können. Wenn Strom aus Erneuerbaren Energien nicht eingespeist werden kann, weil das Stromnetz überlastet ist, dann kostet das den Stromkunden bares Geld und konterkariert die Klimaschutzbemühungen. Zum Ausgleich von Netzengpässen muss grüner Strom ungenutzt bleiben. Die Gesamtkosten dafür beliefen sich bereits im Jahr 2020 auf rund 1,4 Milliarden Euro in Deutschland. Und Elektroautos werden auch bei bester Förderung nur dann attraktiv, wenn sich Autofahrerinnen und Autofahrer darauf verlassen können, diese ihrem Mobilitätsbedürfnis entsprechend laden zu können.
Rahmenbedingungen für Investitionen müssen im internationalen Vergleich attraktiv sein
Netze sind die „Lebensadern der Energiewirtschaft“ – und haben auch einen entsprechenden Instandhaltungs- und Reparaturbedarf. Und vor allem müssen sie für Klimaneutralität aus- und umgebaut werden. Dies erfordert enorme Investitionen – bis zum Jahr 2050 mehr als 110 Milliarden Euro allein im Bereich der Stromverteilnetze, laut einer aktuellen Studie von Frontier Economics gemeinsam mit der RWTH Aachen.
Für Netzbetreiber sind diese Investitionen nur finanzierbar, wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen, das heißt vor allem im internationalen Vergleich attraktiv sind. Die Betreiber müssen planerisch, organisatorisch und finanziell in Vorleistung treten und brauchen eine markt- und risikoadäquate Erstattung ihrer Eigenkapitalkosten. Denn alle Geldgeber interessiert letztlich, was ihnen ihre Geldanlage unter Berücksichtigung der Risiken im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten bringt. Und da ist in Anbetracht der großen Beträge der internationale Kapitalmarkt für alle der Vergleichsmaßstab, egal ob Sparkasse, Investmentbank oder andere institutionelle Anleger.
Sinkende Eigenkapitalzinssätze bedeuten einen Nachteil im internationalen Wettbewerb um Kapital. Sollte der Eigenkapital-Zins in Deutschland wie jüngst von der BNetzA zur Diskussion gestellt auf 4,59 Prozent gesenkt werden, könnte das im Vergleich mit international höheren Zinssätzen zu einem Bumerang für notwendige Investition in die Energieinfrastruktur werden. Beim Netzausbau nur „auf Sparen“ zu setzen, heißt im Gesamtblick der Energiewende, am falschen Ende zu sparen. Außerdem würden die Netzbetreiber das Problem auf nachfolgende Generationen verlagern, die dann die Konsequenzen tragen müssen.

Der Aus- und Umbau der Verteilernetze darf nicht zu Lasten der zukünftigen Generation gehen
Weichen auf Klimaschutz und Wachstum stellen
Der häufig zitierte Vergleich zur Sparbuchrendite ist bei der Festlegung des Eigenkapital-Zinses irreführend. Im Gegensatz zu privaten Sparern tragen Netzbetreiber konkrete unternehmerische Risiken, die im Zuge der rasanten Transformation des Energiesystems weiter steigen: wachsende Versorgungsaufgaben, Sektorenkopplung und Digitalisierung machen das Netzgeschäft schnelllebiger und komplexer. Netzbetreiber müssen gesetzliche Lieferpflichten erfüllen, Verträge oder Preise können nicht einfach gekündigt oder angepasst werden. Es bestehen Kostenrisiken, da beispielsweise unplanbar steigende Aufwände für Tiefbau und Personal aufgrund des regulatorischen Budgetsystems nie oder nur verspätet eingepreist werden dürfen.
Investitionen, die heute versäumt werden, können in Zukunft nicht folgenlos einfach nachgeholt werden. Deshalb gilt es, Netze vorausschauend auszubauen, denn langfristig hätte es volkswirtschaftlich fatale Folgen in Milliardenhöhe, wenn notwendige Investitionen ausblieben.
Wir brauchen einen neuen “Generationenvertrag” für eine nachhaltige Energieversorgung, um jene fatalen Folgen zu vermeiden, die das Ausbleiben notwendiger Investitionen bedeuten würde. Es gilt jetzt, die Weichen auf Klimaschutz und Wachstum zu stellen. Nur mit angemessenen und kontinuierlichen Investitionen in Deutschlands Netze gibt es eine bezahlbare Energiewende und einen erfolgreichen Klimaschutz.
